Technik trifft Menschlichkeit: Erfolgsprojekt bei D+H

Der scheinbar harmlose Sturz von einer Leiter im Jahr 2010 begründete für Stefan Bruckwilder eine lange Leidenszeit. Auf ein zerstörtes Sprunggelenk folgten unerwartete Komplikationen und eine fast vierjährige Zwangspause von der Arbeit, gekrönt von 17 chirurgischen Eingriffen und schließlich einer Unterschenkelamputation. Doch statt zu resignieren, nahm Stefan Bruckwilder die Herausforderung an und begann nur drei Monate nach der Amputation wieder ins Berufsleben zurückzukehren.

Im Jahr 2021 trat er schließlich eine Stelle bei der D+H Baustoff Verwertungs-GmbH in Kamp-Lintfort an, nachdem er zuvor bereits in einem Kieswerk auf einem Radlader gearbeitet hatte. Stefan Weber, Geschäftsführer von D+H, und Platzmeister Thomas Verhuven erkannten frühzeitig das Potenzial von Stefan Bruckwilder, sowohl menschlich als auch fachlich. Die feinfühlige Bedienung des für den Job vorgesehenen Volvo-Radladers L120H, insbesondere am Gaspedal, wurde ihm durch die Amputation freilich gehörig erschwert.

Die Firmenleitung erwog daraufhin einige Anpassungen und fand dafür mit Volvo-Händler Mario Janßen den richtigen Partner. Die geplante Umstellung von Fußgas auf Handgas erwies sich jedoch als echte Herausforderung und sprengte die Möglichkeiten einer normalen Werkstatt. Schließlich übernahm Kai-Uwe Specht, Produktspezialist von Swecon Baumaschinen für Radlader und Dumper, die Projektleitung und konnte mit dem Automatisierungsspezialisten Götting eine geeignete Firma in seinem Netzwerk ausfindig machen. Bei Götting kennt man nicht nur die Systeme von Volvo CE, sondern besitzt auch das notwendige Know-how für derart knifflige individuelle Aufgaben.

In der Folge entwickelte sich das Projekt zu einer Gemeinschaftsaufgabe von Swecon, Götting sowie D+H mit Thomas Verhuven und Stefan Bruckwilder selbst, die zusammen in kürzester Zeit einen Prototyp entwickelten. In einem Kieswerk nahe Hannover wurde der Erstling schließlich von allen Beteiligten ausgiebig getestet, zum finalen Produkt optimiert und auf der Steinexpo 2023 erstmalig präsentiert.

D+H Geschäftsführer Stefan Weber war am Ende ehrlich überrascht vom Umfang des Projekts und der Zahl der beteiligten Parteien – derart komplex hatte er sich das Vorhaben anfangs nicht vorgestellt. Vom innerhalb von acht Monaten erzielten Resultat, das sich nun schon einige Monate im täglichen Einsatz bewährt, ist er jedenfalls mächtig beeindruckt.

Mittlerweile profitiert nicht nur Stefan Bruckwilder von der maßgeschneiderten Lösung, die zu 75 Prozent von der Berufsgenossenschaft finanziert wurde, auch seine Kollegen schätzen die neue Steuerung. Dazu eine Randnotiz: Eine 100-prozentige Förderung wäre zwar ebenfalls möglich gewesen, aber dann hätte der Radlader nicht noch von weiteren Mitarbeitern gefahren werden dürfen. Wie dem auch sei: „Wenn man sich daran gewöhnt hat, will man seinen Radlader fast gar nicht mehr anders bedienen“, schildert Thomas Verhuven. Zusätzlich ist mit der dynamisch dreistufig schaltbaren Drehzahlbegrenzung für das Handgas sogar der Dieselverbrauch gesunken – eine unerwarteter, aber willkommener Nebeneffekt. Bei D+H denkt man sogar ernsthaft darüber nach, das System künftig in größeren Radladern ebenfalls zu installieren. Auch so kann eine anfängliche Leidensgeschichte schlussendlich einen erfolgreichen Fortgang nehmen.